Brückenbauwerk Überwerfung Dorfnest
Auf einer der meistfrequentierten Eisenbahnstrecken der Schweiz errichtete die PORR SUISSE AG im Weiler Dorfnest bei Kloten ein neues Überführungsbauwerk.
Zudem wurde die Strecke Kloten-Dorfnest auf einer Länge von 1,6 km zur Doppelspur ausgebaut. Durch die Maßnahmen verkehren mehr Züge auf den Strecken Bassersdorf-Flughafen und Bassersdorf-Kloten.
-
AuftraggeberSchweizerische Bundesbahnen SBB
-
AuftragnehmerPORR SUISSE AG
-
ProjektartTiefbau, Infrastruktur, Ingenieurbau
-
LeistungsumfangBrückenbau, Spezialtiefbau, Bahnbau, Erdbau, Straßenbau, allgemeiner Tiefbau
-
AuftragsvolumenEUR 25 Mio.
-
Baubeginn02/2016
-
Bauende08/2018
Allgemein
Der Korridor Zürich – Winterthur ist mit täglich rund 550 Zügen einer der meistbefahrenen in der Schweiz. Grund dafür ist mitunter die Destination Flughafen Zürich. Die stetig steigende Passagierzahl erfordert einen Ausbau des Angebots, weshalb die Schweizerische Bundesbahnen SBB und der Züricher Verkehrsbund (ZVV) es nun erweitern. Nicht zuletzt auch, da Kreuzungskonflikte am Verzweigungspunkt Dorfnest zwischen Kloten und Bassersdorf bestehen. Denn ab 2020 sollen auf der Intercity-Strecke bis zu 670 Züge am Tag verkehren. Um die Leistungsfähigkeit der Streckenanlagen im Korridor zu erhöhen und eine entsprechende Fahrplanstabilität für das neue Angebot zu gewährleisten, werden zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen gesetzt. Mit dem Projekt „Zukünftige Entwicklung Bahninfrastruktur” (ZEB) werden schweizweit mehrere Schlüsselprojekte realisiert. Das Projekt Überwerfung Dorfnest im Raum Kloten konnte die PORR SUISSE AG im Herbst 2015 an Land ziehen. Im Rahmen des EUR 25 Mio. Auftrags errichtet die PORR eine rund 250 m lange Spannbetonbrücke über der darunterliegenden Flughafenlinie, die bis dato gekreuzt werden musste. Damit entfallen die bislang entstandenen Wartezeiten. Darüber hinaus baut die SBB die Strecke Kloten–Dorfnest auf einer Länge von rund 1,6 km zur Doppelspur aus und verkürzt die Signalabstände zwischen Flughafen Zürich und Effretikon. Damit können die Züge flexibler und dichter aufeinander verkehren. Die Arbeiten starteten im Februar 2016 und wurden im Spätsommer 2018 abgeschlossen. Der Fahrplanwechsel erfolgte im Dezember 2018.
Effiziente Alternative
Laut Ausschreibung hätte die Bahnbrücke mit einem „obenliegenden Lehrgerüst“ errichtet werden sollen. Dabei handelt es sich um eine Hilfskonstruktion, die bei Brückenbauwerken eingesetzt wird, bei denen die freie Höhe unterhalb der neuen Brücke sehr eingeschränkt ist. Die Betonschalung wird dabei an Hängestangen aufgehängt und so der Brückenoberbau erstellt. Diese Lösung bedingt eine Mitteletappe über die beiden Pfeiler und kurze Randetappen. Dabei kann die Mittelabstützung erst nach dem Vorspannen des ganzen Brückenbauwerks ausgebaut werden.
Als effizientere Alternative hat die PORR ein „konventionelles, untenliegendes Walzträgergerüst mit integriertem Schutztunnel“ vorgeschlagen, die vom Bauherrn auch gewählt wurde. Bei dieser Variante ist keine Mittelabstützung zwischen den Gleisen und kein zusätzlicher Schutztunnel nötig. Die Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten können „konventionell“ mit Turmdrehkranen ausgeführt werden. Der ganze Bauablauf wird kontrollierter sowohl aus qualitativer wie auch aus terminlicher Sicht.
Umfangeiche Vor- und Hauptarbeiten
Für die Errichtung des Überwerfungsbauwerks sowie den doppelspurigen Ausbau waren zahlreiche vorbereitende und begleitende Maßnahmen erforderlich. Zum einen waren Sperrungen der Gleise notwendig. Diese dauerten im Normalfall jeweils knapp fünf Stunden. Für die Montage und Demontage des Schutztunnels und Lehrgerüsts mussten im Voraus Totalsperren für beide Gleise angemeldet werden. Zum anderen wurde ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit aller Beteiligten gelegt. Um sie zu gewährleisten, wurden im Baustellenbereich Langsamfahrstrecken eingerichtet und umfangreiche bauliche Sicherheitsmaßnahmen wie Abschrankungen mit Schutzzaun entlang der Gleise, Schutzgerüste im Kranbereich, Schutztunnel im Lehrgerüstbereich und Gleissicherungsmaßnahmen installiert.
Die neue Zufahrt zum Überwerfungsbauwerk wurde in einen 600 m langen Geländeeinschnitt gelegt. Dazu wurde zuerst mit einem Erdstützkörper aus aufbereitetem anstehendem Hangmaterial eine Trasse für die Verschiebung des über 50 t schweren Bohrgeräts erstellt und daraufhin die 175 Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 1.000 mm mittels Verrohrung gebohrt. Nach der etappenweisen Freilegung der Bohrpfähle wurde die Pfahlwand mit einer Länge von 350 m mit Spritzbeton verkleidet. Zwischen der Bohrpfahlwand und dem Widerlager des Überwerfungsbauwerks wurde eine über 200 m lange Winkelstützmauer erstellt, die als gleisseitiger Abschluss der erforderlichen Dammschüttungen diente.
Die umfangreichen Dammbauten vor und nach dem Überwerfungsbauwerk wurden mehrheitlich mit aufbereitetem anstehendem Aushubmaterial angefertigt. Insgesamt wurden 27.000 m³ Erdmassen ausgehoben und knapp die Hälfte davon für die Dammschüttung und für die Hinterfüllung der Widerlagerbereiche verwendet. Die Aufbereitung des Aushubmaterials mit zugeführten Mangelkomponenten und dem Wiedereinbau vor Ort hat die Lastwagenfahrten um ca. 35 % reduziert.
Es erfolgten sämtliche Arbeiten bei laufendem Betrieb, damit die Zugverbindungen auf der stark ausgelasteten Strecke wie gewohnt zur Verfügung stehen. Ein Teil der Arbeiten wurde deshalb in die kurzen Nachtpausen verlegt.
Konventioneller Bauvorgang
Die Fundation des Überwerfungsbauwerks besteht aus zwei Brückenpfeilern mit konischem Pfeilerkopf, die auf 16 Pfählen mit einem Durchmesser von 1.200 mm hergestellt wurden. Das eigentliche Überwerfungsbauwerk wurde in drei Etappen – mit Längen von 65 m, 65 m und 45 m – im konventionellen Bauvorgang „Endfeld- Mittelfeld- Endfeld“ erstellt. Für den Brückenoberbau wurden total 76 Stück der 4 m langen Schalungselemente für die äußere Trogwand eingesetzt, beidseitig auf der Bodenschalung abgestellt und am Lehrgerüst fixiert. Die Schalungselemente wurden bei einem anderen Objekt bereits erfolgreich eingesetzt und mussten objektspezifisch angepasst werden.
Betonieren in einem Guss
Der gesamte Brückenquerschnitt mit Trogplatte und -wänden wurde in „einem Guss“ betoniert, was den Einbau von ca. 900 m³ Beton pro Etappe und eine Einbauzeit von ca. 13 Stunden bedeutete. Der Betoniertag wurde hinsichtlich Personaleinsatz (Teamwechsel, Pausen), Betonpumpeneinsatz (Ersatzpumpen) und die Betonzufuhr (Anzahl Fahrmischer, Ersatzfahrzeuge) wie auch die Betoniergeschwindigkeit (Qualität Verdichtung und Einbringlagen des Betons) jeweils im Voraus detailliert durchgeplant. Dabei wurden pro Etappe für die gesamten Schal-, Bewehrungs-, Vorspann- und Betonierarbeiten rund zwei Monate kalkuliert – und der ausgerechnete Termin auch tagesscharf eingehalten.
Sehr anspruchsvoll waren die jeweils 40 m langen Widerlagerkasten mit durchgehend variablen Brüstungshöhen. Die letzte Oberbauetappe wurde im Mai 2017 betoniert und vorgespannt. Danach erfolgte der Rückbau des Schutz- und Lehrgerüsts. Die Abdichtungs- und Entwässerungsarbeiten sowie der Einbau der Fahrbahnübergänge und der Vorschotterung dauerten bis Ende 2017. Seit Anfang 2018 liefen die umfangreichen Bahntechnikarbeiten, die unter Leitung des Bauherrn standen. Die Wiederinstandstellung der benutzten und bearbeiteten Flächen wird zur Zeit nach einem umfassenden Konzept der Umweltbegleitungsorgane aufbereitet und eingebaut. Seit Mitte Juni 2018 wurden die Hauptinstallationen und Lagerplätze rückgebaut sowie die Baustellenzufahrten wieder Instand gesetzt.
Sicherheit und Überwachung
Da sämtliche Bauarbeiten bei laufendem Zugsverkehr stattfanden, hatte das Thema Sicherheit sowohl bei Auftraggeber als auch Auftragnehmer einen hohen Stellenwert. Deshalb erfolgten die Arbeiten im Umkreis von 5 m ab Schiene einem strengen Sicherheitskonzept.
Zudem wurden die Arbeiten unter Aufsicht von bahnseitig gestellten Sicherheitswärtern und bauseitig gestellten Sicherheits- und Arbeitsgruppenchefs durchgeführt. Alle Einsätze wurden wöchentlich im Voraus geplant.
Knapper Zeitplan
Arbeiten mit Gleissperren wie etwa Entwässerungsarbeiten oder die Erneuerungsarbeiten der Sicherungsanlagen konnten lediglich während der Nacht durchgeführt werden. Diese verbindlichen Gleissperren mussten jeweils sechs Monate im Voraus bei der Bauleitung eingereicht werden. Nach
jeder Nachtschicht fand eine geodätische Überwachung der Gleislage und der Signalmasten hinsichtlich Höhenlage, Verschiebung und Vertikalität statt. Für größere Baubereiche und längere Zeitspannen wurde eine Überwachung mittels Monitoring eingerichtet.
Technische Daten
-
Ober- und Unterbodenabtrag14.000 m³
-
Hinterfüllung6.000 m³
-
Dammschüttung12.000 m³
-
Konstruktionsbeton7.500 m³
-
Fundationsschicht9.500 m³
-
Walzbeläge5.000 t
Fazit
Die PORR stellte bei diesem Projekt einmal mehr ihre Stärke im Ingenieurbau unter Beweis. Die größten Herausforderungen sind die dauerhafte Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs, die eine umfangreiche Dokumentation aller Bauabläufe und deren Umsetzung verlangen, und die hohen Sicherheitsbestimmungen, die vom Bauherrn gestellt wurden.
Nicht zuletzt durch diese Sicherheitsmaßnahmen und die umfangreichen Vorarbeiten konnten sämtliche Arbeiten unfallfrei, innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens und zur vollsten Zufriedenheit der SBB durchgeführt werden.