Stadtbahnstrecke in Frankfurt
U5 Europaviertel
Die Stadtbahn Europaviertel Projektbaugesellschaft mbH beauftragte die ARGE U5 Europaviertel mit dem Bau des 1.160 m langen Abschnitts der Stadtbahnlinie U5.
Beginnend vom Platz der Republik führt sie über vier Stationen in das Europaviertel. Die ARGE, bestehend aus den Leistungsbereichen Tunnelbau, Ingenieurbau und Spezialtiefbau der PORR Deutschland, übernimmt auch die Ausführung des Rohbaus der Station Güterplatz.
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AuftraggeberSBEV Stadtbahn Europaviertel Projektbaugesellschaft mbH
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AuftragnehmerARGE aus PORR Deutschland und Stump Spezialtiefbau
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ProjektartTiefbau, Tunnelbau, Spezialtiefbau, Ingenieurbau
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LeistungsumfangErrichtung eines unterirdischen 1.160 m langen Streckenabschnitts inklusive Anbindung an Bestandsstrecke und Bau einer Station
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AuftragsvolumenEUR 120 Mio. netto
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Baubeginn02/2017
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Bauende2023
Hintergrund
Auf dem ehemaligen Gelände des Frankfurter Güterbahnhofs entsteht seit rund 20 Jahren ein neuer Stadtteil: das Europaviertel. Rund 30.000 Menschen sollen in Zukunft in dem innerstädtischen Quartier leben und arbeiten. Um die Integration des neuen Stadtteils voranzutreiben, wird die verkehrstechnische Anbindung der Stadtbahn-Linie U5 optimiert. Mit der Verlängerung der Strecke über den Hauptbahnhof hinaus nach Westen erhält das expandierende Viertel einen leistungsfähigen Anschluss an das städtische Nahverkehrsnetz.
Dabei wird die bestehende Linie um einen 2,7 km langen Abschnitt mit vier Haltestellen entlang der Europa-Allee erweitert. Künftig werden die Haltestellen Güterplatz, Emser Brücke, Europagarten und die Endstation Wohnpark passiert. Rund 920 m der Strecke sowie das Stationsbauwerk Güterplatz liegen unterirdisch, genauso wie der Anschluss an das Bestandsbauwerk am Platz der Republik. Der Spatenstich des Projekts erfolgte am 21. September 2017, die Inbetriebnahme ist für 2024 vorgesehen.
Das Projekt
Der Auftrag umfasst die Errichtung der innerstädtischen U-Bahn-Verlängerung sowie den unterirdischen Anschluss an das bestehende U-Bahn Netz. Das Tunnelbauwerk wird auf einer Strecke von ca. 186 m in offener Bauweise und auf einer Strecke von ca. 2 x 830 m in geschlossener Bauweise mit einer 80 m langen Tunnelvortriebsmaschine (TVM) erstellt. Teil der Leistung ist ebenfalls ein ca. 137 m langes Rampenbauwerk und die Errichtung der Station Güterplatz, die sich etwa auf der Hälfte der aufzufahrenden Strecke befindet. Der unterirdische Bestandsanschluss wird in konventioneller Bauweise mit Hilfe von Vereisungen, Injektionen und Druckluft ausgeführt. Im östlichen Teil der Europa-Allee hat Stump die Schlitzwandarbeiten für die ca. 18 m tiefe Startbaugrube für die TVM bereits abgeschlossen. Im Bereich der späteren Untergrundstation Güterplatz finden ebenfalls Schlitzwandarbeiten zur Errichtung der Baugrubenwände statt, allerdings erfolgt der Aushub dort erst, nachdem beide Tunnelröhren aufgefahren wurden.
Die beiden Tunnelröhren werden nacheinander von der Startbaugrube aus bis zum Bestandsbauwerk am Platz der Republik mit einer Leistung von 1.305 PS vorgetrieben. Nach der ersten Schildfahrt wird die TVM entkernt und bis zur Startbaugrube zurückgezogen.
Anschließend wird sie in die zweite Röhre umgesetzt, bevor sie im neuen Schildmantel die zweite Schildfahrt in Angriff nehmen wird. Das Auffahren der beiden Tunnelröhren wird nach jetzigem Stand etwa zwölf Monate dauern. Hinzu kommt die Dauer für die Montage der Maschine sowie das Zurückziehen und Umsetzen in die zweite Röhre.
Verkehrsumlegung
Innerstädtische Tunnelbaustellen sind in zweierlei Hinsicht eine große Belastung für den täglichen Verkehr. Einerseits sind Verkehrsumlegungen und Sperrungen erforderlich, um Platz für Baufelder und Baugruben zu schaffen. Andererseits müssen alle logistischen Transporte zur Ver- und Entsorgung der Baustelle über die öffentlichen Verkehrswege abgewickelt werden, sodass von einer erhöhten Verkehrsbelastung und Staugefahr ausgegangen werden muss.
Um die negativen Auswirkungen auf den Verkehr der Main-Metropole zu minimieren, wurde für die Baustelle ein auf die verschiedenen Projektphasen abgestimmtes, detailliertes Verkehrskonzept entwickelt.
Für die gesamte Bauzeit werden am Boulevard Ost die zweispurigen Fahrbahnen auf einen Fahrstreifen je Richtung reduziert und in Richtung der Häuserfronten verschoben. Zusätzlich müssen die Zufahrtswege zur Tiefgarage des Shopping-Centers Skyline Plaza um die Baugrube geführt und in die neue Verkehrsführung integriert werden.
Des Weiteren wird in Fahrtrichtung Osten die Baustellenzufahrt über einen extra Fahrstreifen angelegt, sodass der ohnehin schon stark eingeschränkte Verkehrsfluss nicht durch ein- und ausfahrende Baustellenfahrzeuge weiter belastet wird.
Geologie
Die Geologie im Frankfurter Stadtgebiet zeichnet sich durch kohäsive Böden mit hohen Ton- oder Schluffanteilen und geringer Wasserdurchlässigkeit aus. Dabei ist im Speziellen der Frankfurter Ton zu nennen, der bei einem Großteil der unterirdischen Trasse durchfahren wird.
Überlagert wird die Tonschicht von mehreren insgesamt 2 bis 10 m starken quartären Deckschichten aus Kalksanden und Kies, die im Anfahrbereich der Startbaugrube bis zum Erreichen der Tonschicht durchbohrt werden müssen. Vereinzelt können Kalksandstein-Formationen bis in die Tonschicht hineinragen und auch noch im weiteren Verlauf der geplanten Trasse auftreten.
Der Grundwasserpegel bewegt sich in Frankfurt zwischen 3 und 7 m unter der Geländeoberkante. Die sandige Deckschicht mit seinem großen Porenraum fungiert hier als Grundwasserleiter mit hoher Wasserdurchlässigkeit. Die Tonschicht hingegen wirkt im Allgemeinen als Grundwassersperrschicht, in der der Tunnel ohne anstehenden Wasserdruck vorgetrieben werden kann.
Vortriebsmethode
Bei dem Vortrieb für die Verlängerung der U5 kommt eine Schildmaschine mit Erddruckstützung (EPB-Schild) zum Einsatz, bei der der anstehende Boden zu einem Erdbrei umgewandelt und direkt als Stützmedium genutzt wird. Dieses Verfahren wird insbesondere in tonigen Böden eingesetzt und eignet sich daher optimal für den Vortrieb im Frankfurter Europaviertel.
Aufgrund des innerstädtischen Vortriebs werden sehr hohe Anforderungen an die Setzungsminimierung gestellt. Der Stützdruck der Schildmaschine muss entsprechend dem anstehenden Baugrund sowie der vorhandenen Auflast eingestellt sein, um Setzungen und daraus resultierende Schäden an Bauwerken zu vermeiden.
Maschinendaten
- Hersteller: Herrenknecht
- Bezeichnung: S-1127
- Typ: EPB (Erddruckschild)
- Nominaler Durchmesser: 7.100 mm
- Schildlänge: 9.200 mm
- Installierte Leistung: 960 kW
- Nennvortriebskraft: 36.500 kN
- Anzahl Vortriebspressen: 12 Doppelpressen
- Länge TVM + Nachläufer: 84 m
- Gesamtgewicht: 580 t
Tübbinge
Der aufgefahrene Querschnitt wird mit einem einschaligen druckwasserdichten Tübbingausbau ausgekleidet. Die Stahlbeton-Fertigteile werden von der Firma Rekers in Spelle hergestellt. Die Anlieferung erfolgt per Bahn in ein Zwischenlager in Frankfurt. Das Entladen der Stapel von den Bahnwaggons und das Beladen der LKW zum Transport der Stapel zum Baustellen-Tübbinglager am Startschacht Europa-Allee erfolgt durch Gabelstapler.
Ringdesign
- Ringteilung: 6+0
- Tübbingdicke: 45 cm
- Tübbinglänge: 1,20 m
- Ringdurchmesser außen: 6,80 m
- Ringdurchmesser innen: 5,90 m
- Gesamtgewicht Ring: 27 t
Anschluss an den Bestand
Am Platz der Republik in der Nähe des Hauptbahnhofs wurden bereits im Zuge früherer Baumaßnahmen unterirdische Abzweigungen für die zukünftige Stadtbahnlinie U5 errichtet, an die die beiden neuen Tunnelröhren anschließen sollen. Neben der Herausforderung, die Vortriebe unter den gegebenen geologischen und städtebaulichen Gegebenheit exakt positioniert am Bestandsbauwerk enden zu lassen, ergibt sich eine weitere: die Abdichtung des Übergangs. Die bauzeitliche Abdichtung der Übergänge war ursprünglich mit Hilfe sogenannter Dichtblöcke vorgesehen, die direkt vor dem Bestandsbauwerk errichtet werden sollten. Diese Blöcke entstehen aus einer Vielzahl von Düsen-Strahl-Bohrungen, bei denen anstehender Boden unter Hochdruck über eine rotierende Düse mit einer zementhaltigen Bindemittelsuspension zu einem Boden-Zement-Körper vermischt wird. Die Erstellung der Dichtblöcke wäre von der Geländeoberfläche durchgeführt worden, was einen massiven Eingriff in den Straßenverkehr bedeutet hätte. Der Anschluss an das Bestandsbauwerk befindet sich direkt unterhalb einer der Hauptkreuzungen in Frankfurt (Düsseldorfer Straße – Mainzer Landstraße).
Geänderte Ausführung
Um die Eingriffe und den baulichen Aufwand zu reduzieren, hat die ARGE U5 ein Konzept für einen alternativen Anschluss an den Bestand erarbeitet, das schlussendlich auch beauftragt wurde. Die Änderungen zu den ursprünglich geplanten Abdichtungsarbeiten für den Bestandsanschluss sind vor allem das Entfallen der Dichtblöcke und der Vereisungsbohrungen von der Geländeoberfläche. Dies hat den Vorteil, dass der Straßenverkehr unangetastet bleibt. Hinzu kommt eine aktive Kühlung vom
Bestandsbauwerk, die eine Sicherung des Vereisungskörpers und der damit verbundenen Abdichtung von der Anschlusswand bietet. Weiters wird der Rückbau der TVM und der bergmännische Vortrieb unter Druckluft stattfinden, um auf einer zusätzlichen Sicherungsebene die Abdichtung der Anschlussarbeiten zu verrichten. Die Injektionsarbeiten und die Vereisungsbohrungen aus dem Bestandsbauwerk heraus werden in etwa wie ursprünglich geplant ausgeführt.
Technische Daten
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Tunnellänge1,672 km
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Innendurchmesser5,9 m
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MaschinentypErddruckschild
Fazit
Bei dem unterirdischen Abschnitt der neuen Stadtbahnlinie U5 ins Europaviertel in Frankfurt handelt es sich um ein facettenreiches und herausforderndes Projekt. Obwohl in diesem Artikel die Tunnel-Aktivitäten im Vordergrund stehen, ist für das Gesamt-Projekt die Expertise des Ausführungsteams ausschlaggebend.
Verschiedene Konzern-Kompetenzen arbeiten Hand in Hand: Vom Ingenieurbau, Tunnelbau und Spezialtiefbau müssen alle Beteiligten ihr ganzes Know-how und Engagement aufbieten, um die Arbeiten erfolgreich bewältigen zu können. Dabei hat sich ein starkes Team gefunden, in dem alle am gleichen Strang ziehen.