Divadlo Jiřího Myrona
In Ostrava, der drittgrößten Stadt Tschechiens, revitalisierte die PORR bei laufendem Betrieb einen Theaterkomplex mit drei Gebäuden von schlechter Bausubstanz.
Mehr als 155 Abänderungsanträge waren für eine ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags nötig. Zahlreiche Konstruktionen, die eigentlich erhalten bleiben sollten, mussten wegen ihres schlechten technischen Zustands abgebrochen und ersetzt werden.
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AuftraggeberNárodní divadlo Moravskoslezské (Nationales Mährisch-Schlesisches Theater)
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AuftragnehmerPORR a.s.
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ArchitektDipl.-Ing. arch. Jiří Stejskalík
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AuftragsartGeneralunternehmerleistungen
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ProjektartHochbau . Revitalisierung
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LeistungsumfangUmfangreiche Neugestaltung des Gebäudekomplexes des Nationalen Mährisch-Schlesischen Theaters
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AuftragsvolumenCZK 161 Mio. (EUR 6,15 Mio.)
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Baubeginn10/2017
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Bauende11/2018
Allgemein
Die Neugestaltung des Nationalen Mährisch-Schlesischen Theaters in Ostrava umfasste neben dem eigentlichen Theaterhaus auch die so genannte Malá scéna, die Kleine Szene, und ein Verwaltungsgebäude. In allen drei Gebäuden mussten die denkmalgeschützten Fassaden saniert werden. Im Theater „Divadlo Jiřího Myrona“ wurden zudem das Foyer neugestaltet und sämtliche Bodenaufbauten einschließlich des Marmorbodenbelags ausgewechselt. Durch den Abbruch und Neubau des Treppenhauses sind in jedem Geschoss Theaterbuffets und neue Sanitäranlagen entstanden. Auch das Theatercafé und der Festsaal wurden komplett neugestaltet, wodurch weitere Räume etwa für den Kartenverkauf und eine Einkaufspassage mit direktem Zutritt ins Theatercafé entstanden sind.
Die Malá scéna, ein Gebäude, das bis vor kurzem noch eine Versicherungsgesellschaft beherbergte, erhielt durch die Neugestaltung eine kleine Bühne für rund 60 Personen, eine Bar und Sanitäranlagen. Weiters wurden die Büroräume im Obergeschoss umgebaut.
Das Verwaltungsgebäude schließlich wurde neben einer umfassenden Sanierung der Büroräume auch gleich um mehrere neue Räumlichkeiten erweitert. Dazu zählen ein Ballettsaal oder ein Orchesterproberaum im bisher ungenutzten Dachgeschoss.
Das ursprüngliche Auftragsvolumen betrug CZK 137 Mio. Allerdings stellte sich im Laufe der Arbeiten rasch heraus, dass weder der Preis noch der ursprünglich anvisierte Termin zu halten waren. Mit insgesamt 155 Abänderungsanträgen, die für eine ordnungsgemäße Fertigstellung nötig waren, stieg der Preis auf CZK 161 Mio. und die Übergabe musste auf Ende November 2018 verschoben werden.
Jede Menge Herausforderungen
Schon bei der Auftragserteilung war klar, die PORR hat mit diesem Projekt eine harte Nuss zu knacken. Die Revitalisierung erfolgte bei laufendem Theaterbetrieb. Dies erforderte eine detaillierte Planung der Bauetappen und -ausführung. Bereiche, in denen gearbeitet wurde, waren komplett vom Theaterbetrieb getrennt. In der Kleinen Szene, dem Ballettsaal und dem Orchesterproberaum wurden neue Stützkonstruktionen aus Stahl errichtet, wodurch gröbere Eingriffe in die tragenden Konstruktionen notwendig waren. Erst danach konnten das bestehende Mauerwerk und die Ortbetonkonstruktionen wie Wände, Decken und Unterzüge abgebrochen werden. Sämtliche Arbeiten wurden unter ständiger Aufsicht des Tragwerkplaners durchgeführt. Dabei kam es aufgrund des Zustands des Altbestands auch zu regelmäßigen Anpassungen und Neuplanungen.
Ausgeklügelte Baulogistik
Auch die gesamte Logistik, die Transporte zur und von der Baustelle sowie die Montageabläufe stellten das PORR Baustellenteam vor Herausforderungen. Allein der Stahlunterzug für den Ballettsaal hatte eine Länge von 9,5 m und durfte nicht geteilt werden. Die Stahlstützkonstruktionen hatten ein Gewicht von 50 t, das Abbruchmaterial schlug mit 2.000 t zu Buche. Eine Mikropfahlbühne musste demontiert und im Keller wieder aufgebaut werden, weil sie nicht durch eine knapp 1 m breite Tür gepasst hat. Besonders anspruchsvoll waren der Abbruch eines ganzen Geschosses und die Errichtung eines neuen Portals in der Kleinen Szene in einer Höhe von 6 m. Dafür brauchte es eine Stahlkonstruktion aus vier Stahlträgern von jeweils 10 m Länge. Die Gründung erfolgte durch Verankerung in die Blockfundamente außerhalb des Objekts.
Schlechte Bausubstanz
Das Haupthaus wurde um einen neuen Kartenverkauf, eine Einkaufspassage und ein Café ergänzt. Direkt über dem Café wurde statt des ehemaligen Ballettsaals ein Festsaal errichtet. Eine Schwierigkeit stellten die Bestandskonstruktionen dar, die eigentlich erhalten bleiben sollten. Der schlechte bautechnische Zustand machte das aber in vielen Fällen unmöglich. Immer wieder mussten Teile abgebrochen und durch neue, funktionsfähige Konstruktionen ersetzt werden. Dabei wurde hinter einer abgehängten Decke im Theatercafé ein Wandgemälde aus den 20er-Jahren entdeckt. Auch hier war eine Restaurierung aufgrund des schlechten Zustands dieser Fresken unmöglich, weshalb sie konserviert wurde. Für die abgehängte Decke errichtete das Team eine neue Stahlkonstruktion.
Technische Daten
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Grundstücksfläche2.500 m²
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BohrpfähleMikropfahlgründung
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Verbauter Stahl50 t
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Verbauter Beton30 m³
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Verbauter Ortbeton/Stahlbeton35 m³
Mehr als nur Bauarbeiten
Der Neubau des Ballettsaals und des Orchesterproberaums im Verwaltungsgebäude erforderte nicht nur eine umfassende Absicherung der bestehenden und abzubrechenden Konstruktionen, sondern auch zahlreiche Brandschutzmaßnahmen. Um den akustischen Anforderungen gerecht zu werden, installierte die PORR eine spezielle Wand- und Deckenschallschutzverkleidung. Zudem mussten einige tragende Balken der Holzdecke saniert oder ausgetauscht werden, um die Stabilität für die neuen Trockenbodenaufbauten zu gewährleisten. Im Bereich der Haustechnik wurden neue Leitungen für die sanitären Anlagen, Lüftung und Heizung verlegt sowie Starkstrom- und Schwachstromkabelleitungen einschließlich Endelemente, Verteiler und Einheiten installiert.
In der Kleinen Szene zeichnete die PORR neben den baulichen Maßnahmen auch für die audiovisuellen Anlagen, die Bühnentechnik und die gesamte Beleuchtung verantwortlich. Mit einer Besonderheit kann die Bar aufwarten, die anstelle des alten Kartenverkaufs errichtet wurde. Eine ausgeklügelte Konstruktion befördert die Tische auf Knopfdruck an die Decke, um den Bereich als Tanzparkett nutzen zu können.
Unvermeidbare Verzögerungen
Als besonders heikel erwies sich die Revitalisierung der Fassade. Deshalb beauftragte die PORR schon am Beginn der Bauarbeiten ein spezielles Fachunternehmen, das in enger Zusammenarbeit mit dem Nationalen Denkmalschutzinstitut (NPú) eine neue Leistungsbeschreibung der Fassadensanierung erstellte und die erforderlichen Materialien definierte. Durch Vorgaben wie etwa die verpflichtende Verwendung von romanischem Zement kam es zu weitreichenden Veränderungen des Leistungsumfangs, was die deutliche Preiserhöhung und Terminverschiebung zur Folge hatte.
Fazit
Am 1. September konnte die PORR das revitalisierte Theaterhaus, die neue Kleine Szene und die Theaterbar dem Auftraggeber zur Nutzung übergeben. Ende November erfolgte die Übergabe der weiteren Räumlichkeiten. Auch wenn im Projektverlauf aufgrund der schlechten Bausubstanz immer wieder neue Schwierigkeiten und Herausforderungen auftauchten, die zahlreiche Planänderungen zur Folge hatten, konnte die PORR mit der aufwendigen Revitalisierung des Theaterkomplexes nicht nur den Auftraggeber, sondern auch die Theaterbesucherinnen und -besucher begeistern.