Der erfolgreichste Höhenbergsteiger Ăsterreichs auf dem gefĂ€hrlichsten Berg der Welt: PORRianer Hans Wenzl ĂŒber seinen zehnten Gipfelsieg auf einem Achttausender, der Annapurna.
Noch vier. Dann war er auf den höchstgelegenen Gipfeln der Welt. Zehn der 14 Achttausender hat Hans Wenzl bereits erfolgreich bestiegen. Sein zehnter Erfolg: die Annapurna â mit 8.091 m Höhe ein eher niedriger und auĂerdem wenig bekannter, sehr selten bestiegener Achttausender. Aber mit einer Todesrate von 41 % â das ist das VerhĂ€ltnis von erfolgreichen Besteigungen zu TodesfĂ€llen â ist der Berg der gefĂ€hrlichste der Welt. Ein Expeditionsbericht.
Niedrigstes Basislager und wichtige Akklimatisierung
Am 23. MÀrz startete unsere Expedition. Nach zwei Tagen Aufenthalt in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, begann die Reise zum Basislager, das wir nach vier Tagen erreichten. Wir waren ein internationales Team mit elf Bergsteigern aus verschiedenen LÀndern und sechs Sherpas von Nepal. Insgesamt waren im Basislager an der Annapurna 25 Bergsteiger. Das ist im VerhÀltnis zu den anderen Achttausendern sehr wenig. Beim Mount Everest sind es zum Beispiel jedes Jahr um die 400 bis 600. Das Basislager auf 4.200 m ist das niedrigste aller Achttausender. Auf dieser Höhe kann sich der Körper nach den HochlagernÀchten wieder recht gut erholen.
FĂŒr eine Besteigung eines Achttausenders ohne zusĂ€tzlichen Sauerstoff sollte man seinen Körper rund drei Wochen lang an die Höhe anpassen, also akklimatisieren. Das heiĂt: aufsteigen in die Höhenlager, um dort ein bis zwei NĂ€chte zu verbringen, und dann wieder in das Basislager absteigen, um sich körperlich zu erholen. Der groĂe Nachteil an der Annapurna ist, dass ein sicheres Akklimatisieren nur bis auf Lager 2 auf rund 5.500 m möglich ist. Denn darĂŒber ist die Lawinengefahr sehr groĂ, Neuschneelawinen und SĂ©rac-AbbrĂŒche sind tĂ€glich zu beobachten.
Hans Wenzl im PORRtrait
Erster Versuch und zweite Chance
Voll motiviert und mit einer guten Wettervorhersage sind wir am 16. April in das Lager 2 auf 5.500 m aufgestiegen. Aber nachmittags verschlechterte sich das Wetter schlagartig. Starker Schneefall, ein Wolkenband blieb am Berg picken und bis zum Abend ist fast ein Meter Neuschnee gefallen. SchlieĂlich mussten wir die Gipfelbesteigung abbrechen. Ein Weitersteigen am nĂ€chsten Tag wĂ€re unmöglich und lebensgefĂ€hrlich gewesen. Es blieb uns also nichts anderes ĂŒbrig, als zurĂŒck ins Basislager abzusteigen und abzuwarten. In den nĂ€chsten Tagen gab es sehr viele LawinenabgĂ€nge.
Am 25. April waren die Bedingungen endlich wieder besser. Von Lager 2 aus sind wir tags darauf ĂŒber einen gefĂ€hrlichen Lawinenhang ins Lager 3 auf 6.300 m aufgestiegen. Eine eiskalte, schlaflose Nacht war das. StĂ€ndig haben wir LawinenabgĂ€nge in unserer NĂ€he gehört. Den Aufstieg in das Lager 4 auf 6.950 m haben wir am 27. April geschafft, wo wir sehr erschöpft am spĂ€ten Nachmittag angekommen sind. Und alles fĂŒr den Gipfelanstieg am nĂ€chsten Tag vorbereitet haben.
GroĂartiger Gipfelsieg und dunkler Abstieg

Gegen 01:30 Uhr â wegen des starken Winds spĂ€ter als geplant â startete ich mit zwei Teamkollegen vom Lager 4 aus zum Gipfel. Wind und Temperaturen unter minus 30 Grad, da wird jeder Meter zur Herausforderung. Der Verzicht auf kĂŒnstlichen Sauerstoff erschwert das Besteigen eines Achttausenders natĂŒrlich erheblich. Meter fĂŒr Meter habe ich mich hinaufgequĂ€lt, bis ich um 12:30 Uhr endlich am höchsten Punkt der Annapurna auf 8.091 m angekommen war.
Das Wetter verschlechterte sich zunehmend. Um auch sicher abzusteigen, verbrachte ich nur knapp 15 Minuten am Gipfel. Danach habe ich mich auf den langen RĂŒckweg ins Lager 4 gemacht. Beim Abstieg traf ich auf meine zwei Teamkollegen, die sehr spĂ€t noch im Aufstieg waren.
Gewitter, starker Schneefall und Nebel. HĂ€tte ich nicht das Fixseil in der Hand gehabt, der Weg zurĂŒck wĂ€re unmöglich zu finden gewesen. Um etwa 17:00 Uhr erreichte ich schlieĂlich mein Zelt. Und war gerettet. Am 29. April kam ich um 16:00 Uhr wieder im Basislager an. Meine zwei Teamkollegen konnten nach der Gipfelbesteigung den Abstieg zum Lager 4 wegen schlechter Sicht nicht rechtzeitig schaffen und mussten die Nacht im Freien verbringen. Mit schweren Erfrierungen mussten sie von 6.900 m mit dem Helikopter geborgen werden.
Die wahren GlĂŒcksgefĂŒhle kommen erst, wenn man das Basislager gesund erreicht hat. Und davon zehrt man noch Jahre danach. Ob ich die fehlenden vier Gipfel besteigen werde, lasse ich mir noch offen. Im Moment erinnere ich mich gerne an die wunderbaren EindrĂŒcke und die tollen Erlebnisse der Annapurna-Expedition.