Die grüne Stadt
Die Sommersonne taucht die Stadt in ein grelles Licht. Die Luft über dem heißen Asphalt flimmert. Die Hitze staut sich in den engen Straßen. Und verschwindet nicht mit dem letzten Sonnenstrahl des Tages. Denn nachts geben die Gebäude die gespeicherte Wärme langsam ab. Wie Heizkörper. Aber die werden nun nach und nach ausgeschaltet. Mit innovativen und nachhaltigen Konzepten bauen, kühlen wir die Städte ab und bauen sie gleichzeitig aus.
Hell
Wir sollten alle Dächer weiß streichen. Mit diesem Vorschlag sorgte Steven Chu, Nobelpreisträger und ehemaliger US-Energieminister, für Aufsehen. Helle Flächen reflektieren die Sonnenenergie, dunkle absorbieren sie, was zur Erderwärmung beiträgt. Lange hat man den Physiker belächelt. Heute arbeiten zahlreiche Forscherinnen und Forscher an Oberflächen, die das Sonnenlicht fast vollständig zurückwerfen und sogar Klimaanlagen überflüssig machen.
Horizontal
Eine noch nachhaltigere Lösung ist die Begrünung von Dächern. Gärten, ja sogar ganze Parks gibt es mittlerweile auf vielen urbanen Gebäuden. Wiederverwertung spielt dabei eine große Rolle. Im Recycling Center Himberg werden etwa Baurestmassen zu wasser- und nährstoffspeicherndem Ziegelsplitt aufbereitet. Und den setzt man dann zur Begrünung von Dächern ein. Neben der optischen Aufwertung des Gebäudes gibt es natürlich zahlreiche weitere Vorteile. Grüne Dächer schützen vor Hitze und vor Kälte, optimieren das Klima, binden Feinstaub, erhöhen die Sauerstoffproduktion und senken die Temperaturen in Städten. Zusätzlich verlängern sie die Lebensdauer der Dachhaut und reduzieren dessen thermische Beanspruchung.
Vertikal
Waren die Hängenden Gärten der Semiramis noch ein antikes Weltwunder, so gibt es mittlerweile immer mehr Unternehmen wie die IAT zum Beispiel, die immer mehr Dächer und Fassaden bepflanzen. Immergrüne Rankpflanzen an Fassaden isolieren im Winter und schützen im Sommer vor der Hitze, aber auch vor starkem Regen und UV-Strahlung. Wichtig ist, dass die Pflanzen auf die jeweiligen Umweltbedingungen abgestimmt sind. Man unterscheidet zwischen boden- und fassadengebundener Bepflanzung. Die Pflanzen werden also entweder im Boden eingesetzt und wachsen nach oben. Oder man setzt sie in spogenannte Erdtaschen in vorgehängten Fassadensystemen. Die Pflanzen wachsen dann horizontal, quasi aus der Wand heraus. Der Vorteil: Die Fassade wird sofort zu einem durchgängigen Pflanzenteppich.
Global
Überall sprießen grüne Gebäude aus dem Boden. In Amsterdam zum Beispiel. Das Projekt Valley von MVRDV holt die Natur in die Stadt. Die drei Türme sind bis in den fünften Stock frei zugänglich. Zugänge zu Geschäften und Büros sind in Natursteine eingebettet. Große Oberlichter erhellen den Bereich und werden gleichzeitig als Teiche genutzt. Die Glasfassade fügt sich perfekt in die Umgebung des Geschäftsviertels ein, während die Büros mit raumhohen Fenstern ausgestattet sind. Über ein automatisches Bewässerungssystem werden die Bäume und Pflanzen versorgt. Und in knapp 100 Metern Höhe gibt es eine Skybar.
Im dänischen Billund bietet der beeindruckende Lego Campus auf einer Gesamtfläche von 52.000 Quadratmetern ebenfalls viele Grünflächen. Die Pflanzen auf den Dächern absorbieren Wasser und CO2. Die Bewässerung erfolgt mit Regenwasser. Das Dach des nahegelegenen Parkhauses haben die Bauherren mit 4.150 Sonnenkollektoren abgedeckt. Sie liefern die Hälfte der Energie, die der Campus benötigt. Wer hier arbeitet, profitiert von viel Bewegungsfreiheit und Raum für Kreativität sowie einem angenehmen und vor allem nachhaltigen Arbeitsklima.
Im chinesischen Jiangbei wachsen gleich zwei Wälder in die Höhe – 1.100 Bäume von bis zu neun Meter auf zwei Wolkenkratzern. Und auf den Balkonen gibt es zusätzlich 2.500 Kletterpflanzen und Flechten. Bis zu 25 Tonnen CO2 sollen die Pflanzen pro Jahr absorbieren.
Und auch Berlin wird grüner. Immergrün, genau gesagt. So heißt eine von der PORR und der UBM Development realisierte Wohnhausanlage. Das nachhaltige Vorzeigeprojekt überzeugt mit lebendigen Fassaden, umlaufenden Balkonen und Terrassen und daraus entstehenden kleinen Privatgärten.
Noch stehen wir am Anfang. Noch gibt es mehr Konzepte und Pläne als tatsächlich umgesetzte Projekte. Aber das ändert sich gerade. Weil es sich ändern muss. Für uns und alle Generationen nach uns. Denn grün, grün, grün ist unsere Zukunft.