Nachhaltige Lösung: Straßen aus Plastik
Wir tragen es als T-Shirt am Körper, als Sonnenbrille auf der Nase und als Kopfhörer in den Ohren. Wir waschen uns und unsere Kleidung damit. Wir trinken daraus und essen es sogar. 86 bis 150 Millionen Tonnen davon treiben in unseren Ozeanen herum. Plastik ist einfach überall. Sogar in unserem Körper gibt es Mikro- und Nanoplastikpartikel, kurz MNP. Und zwar gar nicht so wenige, wie eine Studie gezeigt hat: Pro Milliliter Blut fanden Forscher*innen 1,6 Mikrogramm an Plastikpartikeln. Das ist so viel wie ein Teelöffel in 1.000 Litern Wasser. Und Wissenschaftler*innen der MedUni Wien haben herausgefunden, dass durchschnittlich 5 Gramm Plastik im menschlichen Magen-Darmtrakt landen. Es ist, als würden wir eine Kreditkarte essen. Und zwar jede Woche.
Kunst- als Baustoff
Plastik ist ein kaum zu bewältigendes und immer größer werdendes Problem für unsere Umwelt. Teilweise wird der Müll natürlich recycelt, er landet aber eben auch in den Ozeanen oder wird verbrannt, wobei schädliches CO2 entsteht. Kunststoff kann aber auch ein Baustoff sein. Das zeigt PlasticRoad. Nomen est omen. Denn das niederländische Unternehmen verwendet 100 % recycelten Kunststoff als Basismaterial für den Straßenbau. Die Idee ist nicht ganz neu: Plastik wird in Teilen Englands zur Reparatur von Straßen verwendet, in Indien ist das seit 2015 sogar Pflicht. Allerdings ersetzt dort der recycelte Kunststoff nur einen kleinen Teil des Bitumens. Neu ist, dass ganze Straßen aus Plastik gebaut werden. Das löst gleich zwei Probleme: Der Plastikmüll wird wiederverwertet, der Straßenbau wird nachhaltiger. Die maximale CO2-Reduktion soll bei 72 % liegen. Und es gibt noch mehr Vorteile.
Die vorgefertigten Module von PlasticRoad lassen sich einfach zusammensetzen, was die Arbeiten schneller und unkomplizierter macht. Es braucht kein schweres Fundament, keine aufwendigen Aushubarbeiten. Und die leichten Module – ein Quadratmeter wiegt etwa 43 Kilogramm – sind innen hohl. Hier lassen sich Rohre und Leitungen verlegen, die man gegebenenfalls auch einfacher reparieren kann. Im Hohlraum können außerdem bis zu 300 Liter Regenwasser pro Quadratmeter gespeichert werden, was bei den immer öfter auftretenden Starkregenereignissen ein klarer Vorteil ist. Denn die Kanäle sind dafür nicht gebaut, es kommt zu Überschwemmungen. Durch den Hohlraum in den Straßen wird das Wasser aber aufgenommen und nach und nach an den Boden abgegeben.
Neue Wege der Nachhaltigkeit
Aus Joghurtbechern, Flaschen, Strohhalmen und den unzähligen anderen Plastik-Produkten können also neue Wege entstehen. Seit Jahren forscht PlasticRoad und entwickelt die Module weiter. Das Pilotprojekt: zwei 30 Meter lange Radwege in den Niederlanden. Eine Tonne recycelter Kunststoff kamen pro Bahn zum Einsatz. Das sind 218.000 Plastikbecher. Durch die Daten, die Sensoren im Radweg geliefert haben, konnte man das Produkt immer weiter verbessern. Denn auch eine Straße aus Plastik muss den hohen Belastungen des Verkehrs standhalten. Weil der Kunststoffanteil die Flexibilität der Oberfläche verbessert, soll die Straße sogar langlebiger sein als eine herkömmliche. Eine Beschichtung verhindert außerdem, dass Mikro- und Nanoplastikpartikel durch Abrieb in die Luft gelangen. Sie schützt auch vor UV-Strahlung und daraus resultierenden Schäden. Wie belastbar die Plastik-Straße tatsächlich ist, können aber nur jahrelange Praxistests zeigen. Bisher sind die Ergebnisse jedenfalls vielversprechend.
Ökologische Konzepte im Straßenbau
Die Asphaltierung von Straßen kann heute schon sehr viel nachhaltiger sein als vor einigen Jahren. „Hier ist der sogenannte Warmasphalt eine echte Innovation“, sagt Hermann Lammen, Leiter des Baustofflabors von Oevermann, einem Tochterunternehmen der PORR. Die Temperatur macht den Unterschied. „Beim konventionellen Asphalt, auch Heißasphalt genannt, beträgt sie mehr als 150° C. Warmasphalt wird in Deutschland im Vergleich dazu nur auf bis zu 150° C erhitzt und bei 120° C verarbeitet. Das ist schon ein großer Sprung in die Kälte“, erklärt Lammen. Und warum ist Warmasphalt nachhaltiger? „Unter anderem können die beim Einbau von Asphalt frei werdenden Dämpfe und Aerosole erheblich reduziert werden. Gleichzeitig sinken der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen bei der Herstellung an der Asphaltmischanlage. Sie machen beim Straßenbau nahezu zwei Drittel der Gesamtemissionen aus – das ist schon enorm. Durch die niedrigere Mischtemperatur wird zudem das Bitumen weniger stark beansprucht. Trotz erschwerter Einbaubedingungen wird eine längere Haltbarkeit der Asphaltschichten erwartet“, sagt Lammen. Und das ist nicht nur besser für die Umwelt. Auch die Arbeiter*innen und Anlieger*innen der Asphaltmischanlagen und Baumaßnahmen profitieren.
Auch mit der Digitalisierung macht die PORR den Straßenbau nachhaltiger. Denn effiziente Prozesse bedeuten auch weniger Verschwendung und weniger Emissionen. Von der Projektvorbereitung über die Ausführung bis zur Nachbereitung – die digitale BauProzessOptimierung, kurz BPO, garantiert einen durchgängigen digitalen Prozess im Straßenbau. Das erleichtert die Arbeiten erheblich. Denn die erfolgreiche Asphaltierung oder Betonierung einer Straße beginnt mit der Planung der Logistikprozesse. Sämtliche Daten stehen während der Ausführungsphase allen Beteiligten zur Verfügung. „Durch die optimale Kommunikation zwischen Mischanlage und Einbaupartie können wir schnell auf verschiedene Einbausituationen reagieren. Und mit den standardisierten Auswertungen die Prozesse optimieren. Seit dem Start von BPO haben wir mehr als 500 Projekte erfolgreich umgesetzt“, erklärt BPO-Projektleiter David Bachinger von der PORR. Und natürlich wird auch Building Information Modeling, kurz BIM, im Tiefbau immer mehr zum Standard. Kurz gesagt: Schon jetzt gibt es sehr kluge Konzepte für einen nachhaltigeren Straßenbau. Und jeden Tag wird geforscht und entwickelt. Für eine bessere Zukunft.