Top 3: Städte der Zukunft
Seit Jänner 2020 bis Anfang 2023 ist laut Weltorganisation für Meteorologie, kurz WMO, der Meeresspiegel um fast 10 mm gestiegen. UN-Generalsekretär António Guterres warnt, dass „Megastädte auf allen Kontinenten mit schwerwiegenden Auswirkungen konfrontiert sein werden.“ Lagos, Bangkok, Mumbai, Shanghai, London, Buenos Aires und New York seien besonders betroffen. Neben dem Klimawandel ist für viele Städte auch das rasante Bevölkerungswachstum eine große Herausforderung. Um die soziale und Versorgungs-Sicherheit ihrer Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten, muss die Infrastruktur von Großstädten ständig modernisiert werden. Oder: Man baut gleich eine komplett neue Stadt.
3. Nusantara
Indonesiens Hauptstadt Jakarta ist schon heute am Limit. 2018 zählte sie laut TomTom Stauindex zu den „schlimmsten“ Städten, geht es um flüssigen Straßenverkehr. Neben knappem Wohnraum, mangelnder Infrastruktur und überfüllten Straßen hat Jakarta auch mit einer weiteren Herausforderung zu kämpfen: Bis zu 25 cm pro Jahr sinkt Jakarta im sumpfigen Boden und unter dem eigenen Gewicht ab. Die Lösung wird nun neu gebaut: Nusantara wird die neue Megastadt im Osten Borneos heißen. Mit einem Gesetz wurde der Umzug der Hauptstadt Indonesiens von Jakarta nach Nusantara im Jänner 2022 beschlossen. Das Budget beträgt USD 34 Mrd. Schon 2024 sollen erste Regierungsinstitutionen dort ihren Sitz beziehen. Komplett abgeschlossen will man den Umzug im Jahr 2045 haben. Auf einem 256.000 ha großen Gelände müssen vor allem Eukalyptusplantagen der neuen Planstadt weichen. 75 % der Fläche werden aber nach Angaben der Projektleitung mit tropischen Pflanzen begrünt. Dafür zieht eine Gärtnerei vor Ort mehr als 20 Millionen heimische Jungbäume pro Jahr. Die Wasserversorgung von Nusantara wird der neu gebaute Sepaku Semoi-Staudamm sichern. Das vorliegende Konzept der sogenannten Forest City umfasst Korridore für Wildtiere wie Orang-Utans. Damit Nusantara niemals im Verkehrschaos ersticken muss, verfolgen die Planerinnen und Planer auch das Konzept der Zehnminuten-Stadt: Alle wichtigen Knoten- und Anlaufpunkte des täglichen Lebens werden also innerhalb von zehn Minuten erreichbar sein – zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln. So soll Nusantara eine der nachhaltigsten Metropolen der Welt werden.
2. Neue Hauptstadt für Ägypten
Ägyptens Hauptstadt kämpft mit ähnlichen Problemen wie Jakarta. Kairos Infrastruktur kommt dem Zuzug nicht zurecht. Die Straßen sind verstopft, Wohnraum ist rar. Steigende Wasserpegel gefährden die Metropole am Nilufer und ihre rund 22 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Auch Ägyptens Antwort auf diese drängenden Probleme gleicht der indonesischen: eine neue Hauptstadt vom Reißbrett. Rund 60 km östlich von Kairo entsteht seit 2015 in der Wüste eine neue Metropole, die Kairo entlasten soll und genügend Abstand zum Nil und zu Meeresküsten einhält. Auf einer Gesamtfläche von 725 km² wird die neue Regierungscity mit Wohnraum und Infrastruktur für rund sechs Millionen Menschen gebaut. Die Kosten werden mit USD 45 Mrd. beziffert. Ein Wahrzeichen ist der Iconic Tower. Mit seiner finalen Höhe von 400 m ist er das höchste Bürogebäude Afrikas. Auch die größte Moschee und die größte Kathedrale des Kontinents sind dort zu finden. Ein Hochgeschwindigkeitszug verbindet die neue Stadt mit Kairo und den Badeorten am Roten Meer. Grüne Energie und bargeldlose Zahlungssysteme sorgen für Nachhaltigkeit und erhöhen die Sicherheit. Bis Ende des Jahrzehnts will die ägyptische Regierung auch schon die Umsiedlung abgeschlossen haben. Einen Namen hat die Smart City noch nicht, obwohl der Bau schon fortgeschritten ist, wie man hier sehen kann.
1. The Line
In der Provinz Tabuk im Nordwesten Saudi-Arabiens wird derzeit die wohl spektakulärste Planstadt gebaut. Im Herzen des 26.500 km² umfassenden Siedlungsprojekts NEOM entsteht The Line – auf einer Fläche von nur 34 km², 200 m breit, 500 m hoch und 170 km lang. 95% der natürlichen Umgebung bleiben laut Planerinnen und Planern dank der innovativen linearen und vertikalen Ausrichtung der Stadt von der Urbanisierung unberührt. The Line wird rund neun Millionen Menschen beheimaten. Die ungewöhnliche Form ermöglicht eine effiziente Stadt der kurzen Wege. Quartiere, Parks und Grünflächen sowie Infrastruktur sind vertikal geschichtet. Die Menschen bewegen sich nahtlos in drei Dimensionen: nach oben, unten oder horizontal. Ein Konzept, das als Zero Gravity Urbanism bezeichnet wird. Ein Hochgeschwindigkeitszug verbindet beide Enden der Stadt. Alle Einrichtungen der Metropole sind dann mit dem Zug innerhalb von 20 Minuten und einem Fußweg von höchstens fünf Minuten erreichbar. Einzigartig ist auch die Skyline, denn die Metropole wird keine Wolkenkratzer in den Himmel ragen lassen, sondern komplett von einer Außenspiegelfassade umgeben, die mit der Natur verschmelzen soll.
Freiflächen auf mehreren Etagen ermöglichen laut NEOM-Planungsteam einen „gleichberechtigten Zugang zu unberührten Ausblicken auf die umgebende Naturlandschaft, die Berge und den Himmel - für alle - und Vermeidung von Zersiedelung dank reduziertem Infrastrukturbedarf.“ Das Versprechen klingt fast zu schön, um wahr zu sein: „Ein Ort beispielloser sozialer und wirtschaftlicher Experimente - ohne Umweltverschmutzung und Verkehrsunfälle - verbunden mit einer vorbeugenden Gesundheitsversorgung von Weltklasse, sodass die Menschen länger leben werden.“ So soll The Line eine Art Think-Tank und Living-Lab für die Stadt von morgen werden. Ob diese Versprechungen realistisch sind, wird unter Architektinnen und Planern kontrovers diskutiert. Die Bauarbeiten sind bereits in Gange. Die Projektleitung setzt auf moderne technische Planungslogistik und modulare Bauweise. Für die Gebäude hat man einige der renommiertesten internationalen Architekturbüros engagiert. Unter anderem sind das: OMA, Peri Cobb Freed & Partners, UNStudio, Coop Himmelb(l)au, HOK, Oyler Wu Collaborative und Delugan Meissl Associated Architects.