Tiefbau/Infrastruktur
Achtspurige Autobahnbrücke über den Isar Kanal
100%
Abgeschlossen
Deutschland

Brückenabtrag und Neubau A99

Text Bernhard Jesner, Markus Murauer, Wilhelm Scheutz

Im Zuge des achtspurigen Ausbaus der A99 wurde die PORR mit dem Abtrag und der Neuerrichtung von zwei Brückentragwerken über den Isarkanal beauftragt.

Mit täglich bis zu 170.000 Kfz ist die A99 die meistbefahrene Autobahn Süddeutschlands. Dass die Arbeiten bei laufendem Verkehr durchgeführt werden mussten, stellte die PORR ebenso vor Herausforderungen wie die sensible ökologische Umgebung und die anspruchsvolle Architektur.

Projektdaten
  • Auftraggeber
    Autobahndirektion Südbayern
  • Auftragnehmer
    PORR . NL Salzburg
  • Projektart
    Tiefbau . Infrastruktur/Brückenbau
  • Leistungsumfang
    Abtrag und Neubau von zwei Autobahnbrücken mit je vier Fahrstreifen und einer Standspur
  • Baubeginn
    12/2017
  • Bauende
    10/2019
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Allgemeines

Von 2016 bis 2020 erweitert die Autobahndirektion Südbayern den 8 km langen Abschnitt südöstlich der Allianz Arena vom Kreuz München-Nord bis zur Anschlussstelle Haar. Diese Erweiterung des bereits 1974 begonnenen Autobahnrings München auf vier Fahrstreifen und eine Standspur in jeder Richtungsfahrbahn soll maßgeblich zur Verbesserung der Verkehrssituation in und um München beitragen. Das Gesamtvolumen des Projekts beträgt 170 Millionen Euro.

Die technologisch und logistisch größte Herausforderung des Projekts stellten die beiden Brückentragwerke über den Isarkanal dar. Auf Grund der Nähe zum Münchner Naherholungsgebiet Feringasee wurde großer Wert auf eine hochwertige Architektur des Neubaus gelegt. Zudem bildeten die beiden Brückentragwerke durch die zentrale Lage im Streckenabschnitt den logistisch wichtigen Lückenschluss für die nachfolgenden Streckenbaumaßnahmen. Mit der Umsetzung wurde Ende 2017 die PORR beauftragt.

Erschwerte Abbrucharbeiten

Die Abbrucharbeiten der jeweils dreifeldrigen Bestandstragwerke mussten bei laufendem Verkehr und unter Einhaltung diverser Schutzmaßnahmen des Isarkanals durchgeführt werden. Der Abbruch hatte ohne Beeinflussung der Wasserqualität und ohne Beschädigung des mehrere Jahrzehnte alten, 20 cm starken Beton-Sohlgerinnes zu erfolgen. Dafür wurde ein 20 cm starker, wasserdichter Zwischenboden am Abbruchgerüst fixiert.

Zudem durfte der Lebensraum der mehr als zehn verschiedenen Fledermausarten im Baustellenbereich nicht gestört werden.

Hierfür wurden gesonderte Schutzplanken angefertigt, die den Fledermäusen ein ungestörtes Queren des beleuchteten Baufeldes während der Nachtstunden ermöglichten. Mit einem Monitoring System wurden sämtliche Durchflüge im Baustellenbereich aufgezeichnet, kontrolliert und dokumentiert.

Im Hintergrund wird das bestehende Tragwerk abgebrochen, im Vordergrund werden die Spundungsarbeiten für den Neubau durchgeführt. Quelle: PORR
Die hohen technischen und umweltspezifischen Anforderungen löste die PORR mit einem speziellen Abbruchgerüst, das gemeinsam mit der PORR Design & Engineering GmbH entwickelt wurde.
Bernhard Jesner
Bauleiter, PORR Bau GmbH

Ein Gerüst – vier Einsätze

Die hohen technischen und umweltspezifischen Anforderungen löste die PORR mit einem speziellen Abbruchgerüst, das gemeinsam mit der PORR Design & Engineering GmbH entwickelt wurde. Das Ergebnis war eine flexible Rüstung, die sowohl für den Abbruch als auch für den Neubau beider Richtungsfahrbahnen eingesetzt werden konnte. Dies gelang mit sechs 2,30 m hohen HV21-Röhren, einem Querträgerlager und 20 cm starken Holzpaneelen.

Für die gewünschte Flexibilität wurden die Röhren auf Verschub-Bahnen, bestehend aus Streifenfundamenten und Stahlträgern, gelagert. Dadurch konnte die Rüstung im Bereich der Tragwerke hydraulisch umgesetzt werden. So war es möglich, dieselbe Rüstung für den Abbruch und für den Neubau beider Richtungsfahrbahnen zu verwenden. Die Verschub-Bahnen wurden auf Kleinbohrpfählen gegründet, die von der PORR Grundbau hergestellt wurden.

Die ca. 45 m langen und 100 t schweren HV21-Röhren wurden in 4 Segmenten angeliefert, vor Ort verschraubt und mittels Tandemhub von zwei Autokränen eingehoben.

Die Kleinbohrpfähle für die Verschubbahnen wurden von der Porr Grundbau hergestellt. Quelle: PORR

Anspruchsvolle Gestaltung

Aufgrund der Nähe zum Münchner Naherholungsgebiet Feringasee legte der Bauherr großen Wert auf eine hochwertige Architektur des Neubaus. Die Brückenpfeiler wurden konisch geneigt, diverse Pfeilerköpfe gerundet und die Längsträger, angepasst an die Fließrichtung des mittleren Isarkanals, parabelförmig ausgeführt.

Da die beiden Unterkanten der Längsträger schräg versetzt herzustellen waren, ergibt sich eine Verwölbung der Trägeruntersicht, die zu den Pfeilerköpfen hin zunimmt. Um die komplexe Schalungsgeometrie herstellen zu können, war eine anpassungsfähige und feingliedrige Schalung erforderlich, die mit einer Kombination aus Formscheiben und einer herkömmlichen Traggerüst-Schalung erreicht wurde.

Die Tragwerksschalung wurde mit parabelförmigen Längsträgern und konischen Pfeilern hergestellt. Quelle: PORR

Mit trapezförmig vorgefertigten Platten, den sogenannten Formscheiben, konnte die Geometrie der konischen Längsträger hergestellt werden. Die Traggerüstverformung im Zuge der Überbaubetonage wurde im Vorfeld mit ca. 10 cm berechnet und ebenso wie die Langzeitverformungen in den Überhöhungslehren unter den Formscheiben berücksichtigt. Die Fahrbahnplatte wurde mit Deckentürmen konventionell geschalt.

Um die Sichtbetonanforderungen zu erfüllen, musste die gesamte Brücke nach architektonischen Vorgaben mit sägerauen und gehobelten Nut- und Federbrettern hergestellt werden. Zudem wurden sämtliche Arbeitsfugen in Ausführung und Lage vorgegeben. Die Pfeiler wurden lediglich mit einer Fugenebene ausgeführt.

Trotz der anspruchsvollen Rahmenbedingungen und der komplexen Abbruchmaßnahmen konnte das erste Tragwerk bereits im Juli 2018, nur sieben Monate nach Baubeginn, betoniert werden.
Wilhelm Scheutz
Hauptpolier, PORR Bau GmbH

Betonage in einem Guss

Trotz der anspruchsvollen Rahmenbedingungen und der komplexen Abbruchmaßnahmen konnte das erste Tragwerk bereits im Juli 2018, nur sieben Monate nach Baubeginn, betoniert werden. Nach Fertigstellung der Erdbau- und Lärmschutzmaßnahmen erfolgte die Verkehrsumlegung im November 2018. Der Abtrag und die Betonage des zweiten Tragwerkes konnten im Mai 2019 erfolgreich abgeschlossen werden.

Die Anlieferung des Betons für die Betonage des Überbaus gestaltete sich aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens als echte Herausforderung. Quelle: PORR

Bei beiden Tragwerken wurden jeweils 1.800 m³ Beton mit vier Betonpumpen von bis zu 70 m Länge in einem Guss verbaut. Der Einbau des Überbau Betons (ca. 1.700 m³) erfolgte auf Grund des enormen Verkehrsaufkommens am Münchner Stadtrand während der Nachtstunden zwischen 19:00 und 06:00 Uhr. Auch die Anlieferung des Betons aus zwei Mischwerken wurde zu einer echten logistischen Herausforderung.

Die Betonoberfläche wurde mit zwei Rüttelbohlen von je 28 m Länge verdichtet und abgezogen. Durch die schräge Anordnung der beiden Bohlen, parallel zu den Widerlagen, konnte eine entsprechende Betonqualität am gesamten Tragwerk, auch in den schiefwinkligen Ecken, gewährleistet werden.

Blick unter die neue Brücke beim Umsetzen der Rüstung. Quelle: PORR

Abschlussarbeiten und Übergabe

Parallel zur Fertigstellung der Erdbau- und Lärmschutzmaßnahmen im restlichen Streckenabschnitt kümmerte sich die PORR im Spätsommer 2019 um die Verkehrswege- und Landschaftsgestaltung unter den neuen Brückentragwerken. Dabei wurden Zubringerstraßen für die Betriebsrampen der Autobahn, ein Geh- und Radweg errichtet und die Flussböschung gestaltet.

Dank der engen Zusammenarbeit mit der PORR Grundbau und der PORR Design & Engineering konnten sämtliche Herausforderungen erfolgreich und zur vollsten Zufriedenheit des Auftraggebers bewältigt werden. Die Verkehrsumlegung und die Freigabe für den Verkehr erfolgten planmäßig im November 2019.

Der Auftrag umfasste auch die Straßen-, Radweg- und Landschaftsgestaltung unter den neuen Brückentragwerken. Quelle: PORR
In partnerschaftlichem Miteinander wurde das Bauwerk termingerecht und qualitativ sehr hochwertig durch die PORR fertiggestellt. Die Autobahndirektion möchte sich auf diesem Wege für die hervorragende Zusammenarbeit bei den Mitarbeitern der Porr ganz herzlich bedanken.
Helge Clauß
Autobahndirektion Südbayern

Technische Daten

Je 1.700 m³ in einem Guss
Betonmenge je Überbau
  • Brückenlänge
    ca. 80 m
  • Brückenbreite
    Zwei Brückentragwerke - je 26 m
  • Verbauter Stahl
    ca. 1.300 t
  • Verbauter Beton
    ca. 9.000 m³

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